CoRegie/Bewegungstraining: Oliver Möller
Ausstattung: Julia Rautenhaus
Inszenierung Herbst 2015
Eine Kneipe in einer
deutschen Kleinstadt. Seit Jahren treffen sich hier alte Bekannte. Das
Auftauchen des Griechen Jorgos weckt Sehnsüchte, aber auch Ängste. Als
sich die Männer von ihm gestört fühlen und bei den Frauen Konkurrenz
aufkommt, sind sie sich einig, dass sie ihn loswerden müssen. Das
SeTA thematisiert in der Regie von Marlin de Haan Alltagsrassismus und
Gruppendynamik.
Gastarbeiter mit Chefin
Verschwörung
der Streit eskaliert .....
Zeitungskritik:
RP vom 16.10.15
Senioren spielen Fassbinders böses "Katzelmacher"
VON THOMAS HAG
Der Grieche Jorgos ist in die bayerische Kleinstadt gekommen,
weil er dort Arbeit gefunden hat. Von Anfang an schlagen ihm Hass
und Neid entgegen. Schließlich wird er veprügelt. Am Ende
verlässt er die Stadt wieder. Das ist die Kurzfassung von Rainer
Werner Fassbin- ders Bühnenstück „Katzeimacher". Fassbinder
selbst hat zum Stück geschrieben: „Eigentiich hätte dies ein
Stück über ältere Leute werden müssen. Aber es sollte am
.Antitheater' realisiert werden. Jetzt sind sie alle jung."
Und jetzt sind sie alle wieder alt, könnte man zur Fassung des SeTA
(Seniorentheater in der Altstadt) im FFT Juta sagen. Denn unter der
Regie von Marlin de Haan findet sich „Katzeimacher", ein obsoletes
süddeutsches Schimpfwort für Südländer, im Hier und Jetzt wieder.
Fassbinder hat es 1968 geschrieben und am Münchner „Actiontheater"
aufgeführt, das aus dem „Antitheater" hervorging. Die starke
dialektale Färbung fehlt in der Düsseldorfer Fassung
notwendigerweise, die im Stück damit verbundene Langsamkeit ist
geblieben, von aggressiven Schüben durchbrochen, Anweisungen aus
dem Off strukturieren Un- terbrechungen und Szenenwechsel.
Fassbinders Stück erweist sich als beklemmend zeitgemäß, die
Besetzung mit den älteren Schauspielern gibt dem Stück eine
tragische Note. Dabei ist „Katzeimacher" nicht ein- fach zu
spielen. Es ist weder naturalistisch noch abstrakt, es verneint
den Figuren auch fein herausgearbeitete Individualität. Richtig gut
kommt hier keiner weg, die Männer treibt die sexuelle Missgunst in
Kas- trationsfantasien, für die Frauen ist der Fremde eine
Projektionsfläche verdrängter Sehnsüchte. Eine gelungene
Aufführung eines beunruhigenden Stücks. Unter der Leitung von de
Haan entstand auch der Kurzfilm „Stille" über das Gefühl des
Fremd-Seins, der jeweils 20 Minuten vor und 20 Minuten nach der
Aufführung gezeigt wird.
Das Thema ist aktuell, die Sprache rotzig und
punktgenau – das Seniorentheater feiert mit einem neuen Stück Premiere. Es
ist die letzte Arbeit mit Regisseurin De Haan.
Der Film war damals
Kult, erinnern sich Klaus Deutzmann, Gabriele Pickart-Alvaro und Rya Kühn an
Rainer Werner Fassbinders „Katzelmacher“. Es waren die 68er Jahre und die
drei Mimen des Seniorentheaters (Seta) waren damals jung. Die rotzige,
manchmal brutale Sprache in oberbayrischem Slang hatte es ihnen angetan.
Irritiert waren sie allerdings über die Langsamkeit. „Es vergeht viel Zeit,
bevor der nächste etwas sagt“ erklärt Gabriele Pickart.
Und
Deutzmann: „Fünf Minuten passiert etwas, in den nächsten fünf Minuten
geschieht nichts.“ Heute gehören die drei zur Generation 60 plus und
schätzen das als Stilmittel des einstigen Filmemachers, Schauspielers und
Autors Fassbinder (1945-1982). Genauso wie Marlin de Haan, die Fassbinders
Theaterstück mit 14 Laien-Darstellern des Seta auf die Bretter im Juta
bringen wird. Am Mittwoch ist Premiere.
Es geht um Fremdenhass in
einem bayerischen Dorf
Klar, dass die junge Regisseurin – mit 37
könnte sie gut die Tochter ihre Schauspieler sein – in den letzten Wochen
die Proben intensiviert hat. Warum De Haan, die sich mit dieser Arbeit nach
zehn Jahren vom Seta verabschieden wird, dieses Fassbinder-Opus’ von 1968
ausgewählt hat? Sie habe keine Jugend-Erinnerungen daran, näherte sich nur
durch den Text. „Die direkte, harte Sprache war ausschlaggebend und das
Thema.“
Es geht um Neugierde, Eifersucht und Aggression einer Gruppe
in einem bayrischen Dorf gegenüber einem Neuling, der die Langeweile rabiat
aufbricht. Dieser Fremde ist der griechische Gastarbeiter Jorgos, an dem
sich Fremdenhass und Feindseligkeiten entladen. Sicherlich ein Sujet, das
auch etwas mit der aktuellen Lage – mit der steigenden Zahl der Flüchtlinge,
die täglich nach Europa kommen – zu tun hat. Doch die Entscheidung für den
„Katzelmacher“ (in den 60ern eine abschätzige Bezeichnung für Gastarbeiter)
fiel bereits vor neun Monaten. Damals konnte noch niemand ahnen, wie aktuell
das Theaterstück in diesen Tagen sein würde.
Shakespeare, Ionesco,
Brecht – das Seta setzt auf klassische Autoren
Zweimal pro Woche
haben De Haan und ihre Seta-Mitstreiter (2010 wurden sie für
„Kleinbürgerhochzeit“ ausgezeichnet mit dem „Amarena“-Preis des Bundes
Deutscher Amateur-Theater) gelesen, auswendig gelernt und geprobt. Im
Gespräch spürt man, dass sie nicht nur mit Ehrgeiz den Aufführungen
entgegenfiebern, sondern dass sie das Stück und die Sprache gepackt haben.
Es stammt von Rainer Werner Fassbinder. (Theaterstück und Film von
1968/69). Aufgeführt vom Seniorentheater in der Altstadt. Regie: Marlin de
Haan, Co-Regie: Oliver Möller, Ausstattung: Julia Rautenhaus.
Geprägt
sei ihre Inszenierung, so De Haan, von der Neuen Sachlichkeit der Stilistin
Marieluise Fleißer (1901-1974), die im bayrischen Ingolstadt den Menschen in
der Provinz und dem Kleinbürgertum, Handwerkern und Dienstmädchen,
literarische Denkmäler setzte. Eine Dramatikerin, die auch Fassbinder
schätzte, und deren Werke sie wieder ausgrub. Fleißers gestisches Sprechen
in unverrückbarer Genauigkeit sei für die Darsteller wichtig, erklärt
Deutzmann.
Diese Langsamkeit passe zum Fassbinder-Stück. Die
gebürtige Bayerin Rya Kühn, seit 1997 aktiv beim Seta, meint lächelnd: „In
Bayern geht halt alles langsamer.“ Außerdem: „Das Drama besteht aus vielen
kleinen Szenen, ist wie ein Film geschnitten. Deshalb müssen die Sätze
unbedingt auf den Punkt kommen“, so die Regisseurin.
Shakespeare,
Ionesco, Dürrenmatt, Lorca und Brecht – das Seniorentheater hat unter Marlin
de Haan Flagge gezeigt und häufig auf klassische oder arrivierte Autoren
gesetzt. „Vielleicht sind wir deshalb erfolgreich und werden ernst
genommen“, sagt Rya Kühn. Macher und Darsteller können stolz sein, denn das
Seta gibt es seit 26 Jahren. Heute sind von 34 Mitgliedern immerhin 30
Prozent Männer. Das war 1989 anders, so Kühn. „Da hieß es immer: Männer
gesucht“. Auch für Neu-Zugänge sei die Seta-Türe immer geöffnet.