Rheinische Post 4. Oktober 2022
Seniorentheater Seta probt „Yvonne, die Burgunderprinzessin“
SeTA spielt im FFT :
Prinzessinnen-Rolle ohne Text
Das Seniorentheater
SeTA aus Düsseldorf bringt dieses Jahr „Yvonne, die Burgunderprinzessin“
zur Aufführung. Die Groteske stellt die Frage, was eine Gesellschaft im
Inneren verbindet. Am 13. Oktober ist Premiere im FFT. Im letzten
Jahr bei Tschechows „Drei Schwestern“ war die neue Spielstätte noch
ungewohnt. Jetzt aber, nach vielen Monaten der Proben im KAP 1, fühlen
sich die Mitglieder des Seniorentheaters SeTA in den Räumen des Forums
Freies Theater (FFT) wie zu Hause. Mit zeitaufwändigen Extra-Terminen
feilt die Truppe am letzten Schliff für die Premiere von „Yvonne, die
Burgunderprinzessin“ am Donnerstag, 13. Oktober. Das 1935 entstandene
Stück des polnischen Autors Witold Gombrowicz setzt sich in Form einer
Groteske mit einer im Inneren ausgehöhlten Gesellschaft auseinander, die
ihre Leere mit erstarrten Konventionen kaschiert. In den Hof dieses
fiktiven Burgunds bricht Yvonne ein, ein apathisches, hässliches, fast
stummes Wesen, dessen Seelenleben und Motive man nicht durchschaut.
Warum dieses Stück? Die Antwort fällt Kathrin Sievers leicht. Seit sechs
Jahren inszeniert sie die Bühnenauftritte der Düsseldorfer Senioren.
Sievers hält „Yvonne“ für eine Parabel, die gut in unsere Zeit passt:
„Die Frage ist doch, was unsere Gesellschaft wirklich im Innersten
verbindet.“ Der Hofstaat Burgunds sei in seinem eingefahrenen
Zeremoniell erstarrt, eine von der Etikette besessene Königin setze da
noch eins drauf. Durch ihre bloße, beinahe stumme Präsenz mache die
junge Yvonne alle Hofschranzen sehr nervös und lasse alte Wunden
aufbrechen. Weil sie als Projektionsfläche für die eigenen
Unzulänglichkeiten diene, müsse sie entfernt werden, durch die
„bequemste Art der Liquidation“, wie der Prinz vorschlägt. Und die
Rollenbesetzung? In der Stückausgabe eines Theaterverlags heißt es: Fünf
Damen, sieben Herren plus Statisten. Kathrin Sievers freut sich, dass
man bei Witold Gombrowicz ähnlich frei denken darf wie bei den Autoren
des Absurden Theaters: „Mit unseren 13 Spielerinnen und Spielern können
wir nach Lust und Laune gendern.“ Neben der Königin gibt es natürlich
auch einen König und vor allem einen Prinzen. Der verlobt sich mit der
unappetitlichen Yvonne, weil seine Würde durch ihren Anblick beleidigt
wird und er sich als freier Geist nicht seiner natürlichen Abneigung
hingeben will. Der ganze Hofstaat ist entsetzt. Kathrin Sievers und
ihre Senioren stellen diese Situation auf den Kopf. Sie suchen eine
Antwort auf die Frage: Was ist schön oder hässlich oder defizitär? Und
da erscheint Yvonne bald als die eigentlich „Normale“, die fast nichts
sagt und doch „wahnsinnig“ präsent ist. Ihre Passivität ist die
eigentliche Provokation der Handlung. Für die Ausgestaltung dieser
schwierigen Rolle hat sich nach einigem Zögern Angelika Niedhart,
langjähriges SeTA-Mitglied, bereit erklärt.